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Das Leben ist Musik // BLOGEINTRAG A

Normalerweise nutze ich diese Internetseite, um euch darüber zu informieren, was im Clockschen Universum so abgeht. Doch inzwischen ist die Musik zu einem viel komplexeren Wesen mutiert, sodass ich mich manchmal fühle, als hätte ich mehrere Persönlichkeiten. Nein, keine psychische Erkrankung, die mir die Zeit vermiest und die Leute vor Angst und Mitleid schaudernd zerfließen lässt, sondern ein geiles Gimmick, welches mir erlaubt, in mehrere musikalische Rollen zu schlüpfen, ohne mich selbst dabei zu verlieren.

Was einst mit dem Traum begann, zusammen mit ein paar Freunden Musik zu machen und als Singer/Songwriter – mehr oder weniger – davon zu leben, ist nun zu einer Realität gereift, die jede Faser meines Körpers in den Wahnsinn treibt und gleichzeitig vor Glück erstrahlen lässt. Sie frisst mich auf, diese Unsicherheit. Sie halten mich wach, all die Fragen nach der Sinnhaftigkeit meines Schaffens. Habe ich die richtige Entscheidung getroffen, als ich damals die bürgerliche Sicherheit eintauschte für ein Leben wie ne gute Scrubs-Folge? Was ist mit Familie, einem Haus, einem Äffchen, einem Pferd? Tag für Tag drehen 1000 Gedanken ihre Runden in meinem Kopf und schlagen fester und fester auf den Cortex, nur, um am Ende dieser inneren 24/7 Achterbahnfahrt auf eine Antwort zu stoßen: Ich liebe es!

Ich liebe es, Musik zu machen. Ich liebe es, Geschichten zu erzählen und mit ihnen an den tiefsten Emotionen zu kitzeln. sie hervorzubringen. Ich liebe es, mich austoben zu dürfen in sämtlichen Genres, ohne dabei mein Gesicht zu verlieren. Ich liebe es, dadurch meiner Familie nah zu sein. Ich liebe es, die verschiedensten Orte zu besuchen, das Schlechte kennenzulernen, um das Gute besser sehen zu können. All die Gefühle, Erfolge, Misserfolge, Projekte und Ereignisse kleiden meine Persönlichkeit in ein Gewand, welches ich nie wieder ablegen möchte. Der Umhang der Glückseligkeit verleiht mir Flügel, die ich brauche, um weiterhin fliegen zu können. Er bewahrt mich vom Verlust des Lächelns und leitet mir den Weg zu Orten und Menschen, die mein Leben bereichern. Und dafür bin ich dankbar. Und wenn am Ende meines Daseins die Rätsel des Lebens ungelöst bleiben, so bin ich dennoch dankbar. Weil der Weg und die Suche nach dem Sinn die Lösung ist, die du erst erkennst, wenn du vergehst.

Dan O’Clock – Ich entschied mich für Letzteres

2012 – mehr als nur ein Jahr. Um genau zu sein ist es wohl DAS Jahr in meinem Leben, in dem sich am Meisten veränderte. Ich habe mein bürgerliches Dasein an den Nagel gehangen und fokussierte mich fortan gänzlich auf die Musik. Kein Tag glich mehr dem Nächsten und ein Gefühl von Freiheit, ja ein Gefühl von Neuanfang machte sich in meiner Seele breit und erleuchtete mein Herz wie nie zuvor. Plötzlich erschien alles neu. Aus einem klingelnden Wecker wurde Stille, aus Alltag wurde Zeit. Zeit, die ich nun nutzen kann, um meine Musik, meinen unbändigen Willen und schlussendlich mich selber zu verwirklichen. Doch wohin mit all den neuen Gedanken, all den Vorstellungen und all den Fragen? Ich hatte ja überhaupt keinen Plan, wie sowas läuft, was ich zu tun habe und wie ich es schaffe, schnellstmöglich in den Status zu gelangen, dass ich mir existenziell keine Sorgen machen muss. Klar, das Polster war dick. Ein paar Pfennige auf der hohen Kante, dazu ein Kredit und natürlich die Hoffnung, dass mein Impuls, meine Intuition mich nicht enttäuschte. Denn das, was ich machte, kam ganz gut an. Der Spagat zwischen Songwriter-Mukke, kleinen Anekdoten, Witz und einer gewissen Melancholie gelang mir ganz gut, obwohl ich wahrlich nicht der beste Sänger, Texter oder Instrumentalist war und auch immer noch nicht bin. Die Menschen ließen mich glänzen und gut fühlen. Das positive Feedback und die Tränen, ob vor Lachen oder vor Rührung, gaben mir die Hoffnung, mich irgendwie durchbeißen zu können. „Danke, dass ich bei dir weinen darf“ oder „Deine Musik hilft mir durch eine schwere Zeit“ sind Sätze, die ich niemals vergessen werde. Dass ich jemals Einfluss auf menschliche Emotionen habe und ein Teil des Lebens von mir bis dato völlig fremden Personen werden könnte, übertrafen meine Vorstellungen und sorgten für ein besonderes Gefühl, als sei ich etwas wert, als hätte ich tatsächlich den Schlüssel zur ersten versteckten Tür auf der Suche nach dem Sinn des Lebens gefunden. Doch Gefühle und ein paar Frittenauftritte allein zahlen keine Miete, füllen nicht den Magen und bringen Frauen nicht dazu, mit mir auszugehen. Die hohe Kante war schnell niedrig und der Kredit schnell aufgebraucht, sodass ich von Gelegenheit zu Gelegenheit kletterte, um zu überleben. Aus dem wohligen Gefühl wurde schnell Frustration, aus Mut wurde Angst und es wuchsen Zweifel, ob die Entscheidung richtig war. Doch immer dann, wenn die innere Unruhe mal wieder im Tsunami-Mode war und das innere Leuchten am schwächsten schien, kam plötzlich ein Auftritt daher, der mir ins Ohr flüsterte: „Mach weiter!“

Recht schnell verwandelte sich das klischeehafte Musikerleben in eine Art Uhrwerk, in der viele Rädchen ineinander griffen, um zu funktionierten. Mein langjähriger Freund und Topgitarrist Markus wurde zu Half Past Mark und unterstütze mich selbstlos auf meinem Weg. Der soulangehauchte und hiphopgetränkte Hobbyproduzent Torsten Stefes wurde zu Midnight Stevie und wir verbrachten unglaubliche Stunden der Kreativität im selbst zusammengeschusterten Studio, die so intensiv daherkamen, dass wir gar nicht bemerkten, wie gut wir zusammen funktionierten. Torsten’s Bruder Marc, einer der talentiertesten Rapper und Texter des Landes wurde zur Wackfunktion und machte mit seinen gefühlvollen Punchlines aus dem Songteig einen  Songkuchen. Rapha aka „Zeitrapha“, Siggi aka „The Timemaschine“ und Albert aka „Urknallbert“ komplettierten das Ensemble des Aufschwungs. „Dan O’Clock“ wurde plötzlich zu einer Band. Obwohl wir alle nicht den Masterplan hatten,  spielten wir auf Festivals, schnitten recht erfolgreich bei Contests ab, machten uns regional einen Namen und erspielten uns eine rührende Fanbase. Gemeinsame Abende voller Gelächter und intensiven Augenblicken pflasterten unsere Straße zum Glück. Niemand konnte uns aufhalten, so schien es. Doch wie es manchmal so ist im Leben, schlägt die Zeit härter zu, als man denkt. Unerwartete Erkrankungen, schwere private Schicksalsschläge und berufliche Entscheidungen zerschlugen die Band und bremsten die Euphorie, den Aufschwung. aus 6 mach 1.  Aufhören oder alleine weitermachen waren plötzlich die Alternativen. Ich entschied mich für Letzteres.

Gebeutelt von der Entwicklung und traurig über den Zustand, dass Dan O’Clock jetzt nun doch ein Soloprojekt zu sein schien, wurde das Leben alltäglicher. Um Sicherheit zu erlangen und vor allem Zeit, suchte ich mir einen Nebenjob und stellte mit meinem Engagement bei der Plattenfirma „Zooland Records“ die Weichen für eine abgesicherte Zukunft. Vielleicht die beste Entscheidung in meinem Leben. Denn dort traf ich auf Christian, der mir viel über das Business beibrachte und auf Yann, der Gefallen an meiner Musik fand und sich entschied, den Weg ein Stück weit mit mir zu gehen und meine Songs zu produzieren. Es war die bis dato größte Ehre in meinem Leben, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die Welthits produziert haben und Millionen mit ihnen verdienten. Sommer/Winter war geboren und mit dieser EP eine Phase in meinem Leben, in der ich reifen konnte. Menschlich, musikalisch, existenziell. „So gut hast du noch nie geklungen“, sagten enge Freunde, „der neue Grönemeyer“, sagten Leute aus dem Umfeld. Die Hoffnungen auf eine glorreiche Karriere wuchsen. Die nächsten Türen standen offen und tolle Musiker begleiteten mich auf Abruf – bis heute noch.

 

Mit offenen Türen steigt jedoch auch die Erwartungshaltung und die Erkenntnis, dass der Weg ans Ziel viel länger ist, als ursprünglich gedacht, wirft dich schneller zu Boden, als du „Boden“ sagen kannst. „Der Künstler ist zu alt“, „Ich höre die Single nicht“, „Du bist zu unbekannt“, „Stilistisch bist du nicht greifbar“ und schlussendlich „mit dir können wir nicht wirklich was anfangen, aber vielleicht wären deine Songs was für den ein oder anderen THE VOICE- Teilnehmer“ hieß es von den Bossen der Deutschen Musikszene. „Schau dir mal Mark Forster an, der benutzt einfache Sprache, die bei den Kids ankommt“.
Da half auch die Tatsache nicht, dass ich kurz zuvor mit dem Projekt Nebenraum einen internationalen Achtungserfolg einheimste. Ich bin eben kein Mark Forster, kein Andreas Bourani und auch kein Max Giesinger. Ich bin ich und das genügte der Deutschen Musikindustrie eben nicht.

Ich war frustriert und die Tatsachen, dass ich von allem nur ein bisschen kann, holten mich recht zügig wieder ein. Ein solides Gesamtpaket schreibt halt noch lange keinen Hit. Will ich das überhaupt? Ein Forster-Abklatsch sein, der Songs singt, die so belanglos sind wie ein in China umgefallener Sack Reis, nur um dem größten gemeinsamen Nenner zu gefallen. Und wie in einem dramatischen Netflix-Original holten mich die Fragen ein. Lasse ich Songs von „einem Kumpel“ schreiben oder bleibe ich Stur bei meinem Stiefel und blicke dem Status Quo lachend ins Gesicht? Ich entschied mich für letzteres.

Ich bin zufrieden. Meine Oma hat immer gesagt, das sei das Wichtigste. Zufriedenheit.Die habe ich und die werde ich so leicht auch nicht verlieren. Dafür sind die Menschen um mich rum viel zu wertvoll. Menschen, die ich ohne exakt diesen Weg, den ich bisher gegangen bin, vielleicht nicht getroffen hätte. Minimalismus Wow statt Bunga Bunga und Halligalli. Inzwischen spiele ich ca. 40-50 in Ordnung bezahlte Shows im Jahr, wovon ein Großteil wirklich sehr schön ist. Ich habe nichts zu bereuen, was in dieser schnelllebigen Welt nicht selbstverständlich ist. Denn wenn ich wie ein halber Comedian zwischen den teilweise todernsten Songs Lacher ernte, im Anschluss einen Schulterklopfer erhalte, von wem auch immer und am Ende des Monats nicht zittern muss, meine Miete bezahlen zu können, dann hatte ich eine gute Zeit. Und eine gute Zeit zu haben, damit will und werde ich nie in meinem Leben aufhören. Außerdem kann niemand sagen, was noch so passiert, wohin der Wind einen trägt und was das Leben noch so auf Lager hat. Daher bleibe ich entspannt, genieße jeden Augenblick und hangel mich von Moment zu Moment. Denn letztendlich ist es nun mal so, dass am Ende eines Weges das Ziel wartet, es jedoch viel mehr bedeutet, was auf diesem Weg passiert ist. Man hat also die Alternative, blind in sein Verderben zu rennen und wie Menderes durch jede RTL-Show zu tingeln, damit man auf Teufel komm raus berühmt, erkannt und nicht vergessen wird oder man macht sich für sich selbst unsterblich, indem man am Ende seines Daseins zu sich sagt: „Du bist vielleicht nicht der Reichste, nicht der Berühmteste, aber zweifelsohne einer der Glücklichsten.“ Ich entschied mich für Letzteres…

Rubrik am Ende: Ein Dialog zum Verlieben:
Herr Kleingeist: „Alder, hat der ne Emo-Pille geschluckt?“
Frau Empathie: „Jeder, wie er mag, Herr Kleingeist. Oder beschwert sich etwa jemand über Ihre Pornosucht?“
Herr Kleingeist: „Das ist ja gerade das Ding. Diese ganze Emokacke verschleudert meine Zeit im Netz“
Frau Empathie: „Aber ist es nicht Ihre bewusste Entscheidung gewesen, diesen Text zu lesen? Somit haben doch auch Sie aus einem emotionalen Impuls heraus gehandelt?“
Herr Kleingeist: „Naja, ich dachte halt, weil er ja manchmal auf der Bühne ganz witzige und derbe Sachen sagt, schau ich mir die Nummer mal an. Aber der Blogeintrag ist so wie seine Songs, Gefühlsduselei und belangloses Gefasel über Zeit und Liebe. Zum Glück gibt es die Latte.“
Frau Empathie: „Aber ist die Hoffnung auf erfüllte Erwartungen an sich nicht schon genug Freude, zumal sie auch noch kostenlos ist? Darf der Mensch nicht mehr sein, wie er sein will und nur noch sein, wie er sein soll?“ Das zeugt von einem kleinen Geist, Herr Kleingeist“
Herr Kleingeist: „Jetzt gehen Sie mir bloß weg mit ihrer übertriebenen Empathie für diesen Musiker, Frau Empathie“
Frau Empathie: „Ich verstehe“
Herr Kleingeist: „Mach mir ein Sandwich, bitch“

Beim nächsten Mal:
– Mehr Ficksprache
– mehr heikle Themen
– uvm